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Nutzer:innen und es werden mehr
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More is more and less is bore?

June 10, 2023
In diesem Text stellen wir zunächst die Probleme der Anwaltschaft bei der juristischen Recherche dar. Demgegenüber präsentieren wir den Ansatz der sogenannten Legal Analytics. Die iur.crowd ist das erste Startup, das dieses Angebot an den deutschsprachigen Markt gebracht hat. Vor diesem Hintergrund wird der Nutzen der Legal Analytics-Plattform der iur.crowd für den anwaltlichen Alltag geschildert.

1. Die Rechtsrecherche der Vergangenheit

Anwaltlich Recherche ist häufig eines: Zeitaufwendig. Teils verläuft sie sogar fruchtlos. Das trifft insbesondere auf die Suche nachgerichtlichen Entscheidungen zu. Es dauert Minuten über Minuten bis Anwält:innen die passende Entscheidung finden. In manchenFällen kennen Anwält:innen zwar bereits die Entscheidung nach der sie suchen. Sie wissen eventuell auch, dass diese Entscheidungveröffentlicht wurde. Gegebenenfalls haben sie die Entscheidung sogar schon einmal gelesen. Und dennoch: In bestehendenjuristischen Datenbanken bleibt sie unauffindbar. Oder die bereits einmal gefundene gerichtliche Entscheidung wird nichtwiedergefunden. Dass eine Suche nach gerichtlichen Entscheidungen derart verläuft, hat verschiedene Ursachen. Wir möchten vorallem auf vier Aspekte hinweisen.  Erstens sind es die bestehenden Suchalgorithmen bzw. Suchlogiken, die bestehende juristische Datenbanken verwenden. Dieseerfüllen häufig nicht ihre Kernfunktion: Das zu finden, was die Suchenden sehen wollen. Eine Suche nach Gerichtsentscheidungenbeginnt deshalb meist bei Google, führt über die Metadatenbank DeJure und endet nach längerer Zeit bei den Bezahlschrankenkommerzieller Anbieter:innen.  Zweitens sind die gesteigerten Ansprüche der Nutzenden zu nennen. So können auch bestehende juristische Datenbanken dasgewünschte Ergebnis hervorbringen. Doch nicht mit einem Klick. Viel mehr müssen wir uns durch ein Dickicht an Filterfunktionenvorkämpfen, um die von den Suchalgorithmen hervorgebrachten Suchergebnisse weiter einzugrenzen. Das erfordert zeitlicheKapazitäten, aber auch geistige Anstrengung des Nutzenden.

In einer westlichen Konsumgesellschaft, in der wir von immer leichterbedienbaren, effizienteren und knalligeren Online-Dienstleistungen überwältigt werden, ist das ein unterbewusster Realitätsschock.Nutzende wollen sich nicht anstrengen. Sie wollen das, was sie suchen, sofort auf Knopfdruck und in einer ansprechendenDarstellung. Bestehende Datenbanken sehen aber viel mehr so aus, als hätten Serveradministrator:innen sie in den 90‘ entwickeltund bis heute am Leben erhalten.  Drittens gilt, dass selbst, wenn eine Suche erfolgreich verläuft und Anwält:innen von dem heiß ersehnten Ergebnis nur noch einenKlick entfernt scheinen, werden sie teils immer noch enttäuscht. Denn dann heißt es: Zugriff verweigert. Bestehende Datenbankenzeichnen sich durch ein hohes Maß an Fragmentierung aus. Auch hier ein Gegensatz zu unserem sonstigen Alltagserlebnis. Spotify,Netflix oder Urban Sportsclub, sie alle eröffnen mit einem Abo den Zugang zu ihrem gesamten Inhalt. Ein Klick und die scheinbargrenzlose Welt der Filme, Musik und Sportangebote öffnet sich. Geht es um juristische Inhalte, ist jedoch genau das Gegenteil derFall. Sie zwingt zur Wahrung der Übersicht über die sich auch noch ändernden Zuschnitte einzelner gebuchter Pakete.

DieMöglichkeit, daneben einzelne Dokumente kaufen zu können, gleicht das nicht aus. Vielmehr offenbart sich hier immer wieder dieZugriffsschranke, die nur mit erneuten Zahlungen überwunden werden kann. Nutzerfreundlichkeit: Note 6.  Das hängt auch mit einem vierten Aspekt eng zusammen. Bestehende juristische Datenbanken sind aufgrund dieser Fragmentierungzu teuer. Natürlich: Dies gilt nicht für kapitalträchtige Kanzleien. Aber diese zeichnen nicht den überwiegenden Kanzleimarkt aus. Essind vordergründig viele kleine und mittelständische Kanzleien, die sich jedes Mal ganz genau überlegen, ob sie jenes oder diesesAbo abschließen. Oder reicht nicht doch das Formularhandbuch, das alle paar Jahre neu gekauft wird? Soll das Einzeldokument nundoch noch gekauft werden oder nicht?  Sie sehen sich hierin wieder? Das ist nicht verwunderlich. Denn wir haben uns diese Ergebnisse nicht ausgedacht. Sie basieren aufeiner quantitativen Erhebung unter mehr als 1.100 Anwält:innen und deren Konkretisierung in über 130 qualitativen Einzelinterviews.  Doch warum ändert sich nichts? Alle wissen es: Bei juristischen Datenbank herrscht in Deutschland ein Oligopol. Die bestehendenDatenbanken beherrschen den Markt. Wir können ihnen deshalb gegenwärtig nicht entfliehen. Wo erhaltem wir schließlich sonst diegerichtlichen Entscheidungen, die wir suchen?

2. Der Neuanfang: Legal Analytics

Doch Oligopole können gebrochen werden. Durch neue Anbieter:innen, die den Markt aufmischen und durch neue Methoden derjuristischen Recherche, die die Wissensmonopole durchbrechen. Und genau dafür sind wir, die iur.crowd, angetreten. Wir haben alserstes deutsches Jungunternehmen etwas auf den Markt gebracht, das es bereits in einer Vielzahl von Ländern weltweit gibt: LegalAnalytics.

Das Wortpaar Legal Analytics beschreibt eine neue Methode der juristischen Recherche. Dabei geht es darum, mit den Mitteln derStatistik juristische Daten auszuwerten und aufzubereiten. Juristische Daten können dabei alles sein, von der Gerichtsentscheidungüber den Verwaltungsakt bis hin zur einzelnen, atomaren Vertragsklausel. Die entsprechenden Ergebnisse einer solchen Auswertunghelfen u. a. Fragen zu beantworten, wie

  • Welche Fälle sind zu meinem Fall vergleichbar und wie sind diese ausgegangen?
  • Welche Argumente kommen in welchem Kontext besonders häufig vor? Und wie gehen diese Verfahren aus?
  • Was sind gegenwärtige Meinungstrends in der Rechtsprechung zu einem bestimmten Thema? Wie unterscheidet sich diesnach Ebene von AG, LG oder OLG?
  • Wie häufig haben Gerichte in welchen Fällen mit welchem Ausgang geurteilt?
  • Wie lange dauern bestimmte Verfahren?
  • Was sind typische Streitwerte für einen bestimmten Verfahrensgegenstand?
  • Welcher Schadensersatz oder welche Mietminderung kann ich in welchen Fällen verlangen?

3. Konkret: Legal Analytics im anwaltlichen Alltag

Diese Ergebnisse können im anwaltlichen Alltag auf zwei Wegen Wirkung entfalten.Erstens bei der juristischen Recherche. Anwält:innen gehen hierbei je nach Rechtsgebiet und Typ unterschiedlich vor. Im Groben gibtes jedoch zwei grundsätzliche Arten der anwaltlichen Recherche.  Zum Einen diejenigen, die den zu bearbeitenden Sachverhalten aufbereiten, dann die jeweils einschlägigen Normen erfassen,subsumieren und hierbei gegebenenfalls auf Kommentare oder Lehrbücher sowie hieraus wiederrum auf gerichtlicheEntscheidungen zugreifen. Letzteres wird gegebenenfalls durch das eigene Bauchgefühl oder den Austausch mit Kolleg:innenergänzt. Zum Anderen diejenigen, die den Sachverhalt aufbereiten und dann unmittelbar nach vergleichbaren gerichtlichen Entscheidungensuchen, die sie ihrer rechtlichen Bewertung zugrunde legen können. Auch dieses kann wiederum durch das eigene Bauchgefühl undden Austausch mit Kolleg:innen ergänzt werden.

Auf dieser Grundlage werden sodann Schriftsätze oder Anschreiben an Mandant:innen oder Dritte, wie etwa das Gericht oderGegner:innen verfasst.  Und an all diesen Schnittstellen können Legal Analytics ansetzen, in dem aus Einzelinformationen ein Gesamtüberblick entsteht.Welche Rechtsnormen wurden von Gerichten in vergleichbaren Fällen angewendet? Wie wurden die Normen ausgelegt? WelcheArgumente sprechen dafür und welche dagegen? Wie war das Ergebnis des Falles? Variiert dies zwischen verschiedenen InstanzenGerichten oder Kammern? Auf all diese Fragen können Legal Analytics eine Antwort geben.

Die Antworten sind präziser als das, waswir zuvor aus einzelnen Entscheidungen ableiten konnte. Aus denen, die mühselig händisch in Kommentaren und Lehrbüchernakkumuliert wurden oder die sich in der Erfahrung von Kolleg:innen oder dem eigenen Bauchgefühl niederschlagen.  Zweitens können Legal Analytics aber auch das Beratungsangebot der Anwält*innen gegenüber ihren Mandant:innen erweitern.Denn Anwält*innen können nun präziser auf die Frage etwa danach antworten, wie lange der Fall dauere und was es kosten werde.Darüber hinaus erweitert sich auch die Möglichkeit der Anwält:innen zum Eigenmarketing. Es ist nun möglich die eigene Kompetenzüber die Beteiligung an Rechtsstreitigkeiten nachzuweisen und auch graphisch auf der eigenen Webseite einzubetten. Wer das nichtnach außen kommunizieren möchte, kann es immer noch im internen zur eigenen Reflektion einsetzen.

4. Was dazu bisher gefehlt hat

Wir als iur.crowd arbeiten an der Verwirklichung dieser Vision der neuen juristischen Recherche mit Hilfe von Legal Analytics. Dochwie gehen wir dabei vor? Denn, wir wissen es alle: In Deutschland werden weniger als 1 % der Gerichtsentscheidungen der unterenInstanzen veröffentlicht.

Das hat ganz unterschiedliche Gründe. Neben einem historischen Gepräge geht es dabei vor allem um den Aufwand, der mit dernotwendigen Pseudonymisierung der gerichtlichen Entscheidungen einhergeht. Aus Erhebungen in der Schweiz wissen wir, dass diehändische Aufbereitung von Gerichtsentscheidungen vor diesem Hintergrund je nach Länge der Entscheidung 30 bis 60 Minuten inAnspruch nimmt.  Doch die Gerichtsentscheidungen sind die notwendige Datengrundlage, die wir für die Anwendung von Legal Analytics brauchen. Esgibt Hoffnung, dass wir diese Datengrundlage auch herstellen können. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag verkündet,dass künftig alle Gerichtsentscheidungen maschinenlesbar und anonymisiert veröffentlicht werden. Natürlich kann dieBundesregierung unmittelbar nur auf die Bundesgerichte einwirken, nicht aber auf die Landesjustiz. Es ist jedoch davon auszugehen,dass eine entsprechende Kooperation zwischen dem Bund und den Ländern zustandekommen wird. Auch mit Blick auf dienotwendige Pseudonymisierung der Gerichtsentscheidungen sind wir technisch weit genug, um den damit einhergehenden Aufwandwesentlich zu reduzieren. Allerdings: Andere europäische Länder haben sich dem Ziel, der umfassenden Veröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen schonlänger verschrieben. So hat etwa Frankreich bereits im Jahr 2016 entschieden, stufenweise alle gerichtlichen Entscheidungen zuveröffentlichen. Heute im Jahr 2023 ist Frankreich diesem Ziel zwar wesentlich näher als Deutschland, hat es aber immer noch nichterreicht. Und Frankreich ist ein Zentralstaat. Das heißt, auch in Deutschland werden wir uns noch ein wenig gedulden müssen.

5. Legal Analytics schon heute: Die Plattform der iur.crowd

Wir haben nicht vor auf die Justiz zu warten. Auch deshalb haben wir die iur.crowd gegründet. Wir werden dieVeröffentlichungsquote der unteren Instanzen von 1 % auf über 90 % heben. Dabei setzen wir auf die Anwaltschaft als Organe derRechtspflege. Denn neben der Justiz ist es diese Gruppe, die über die meisten Gerichtsentscheidungen verfügt. Wenn dieAnwaltschaft diesen Datenschatz in einem kollektiven Kraftakt hebt, können wir die Justiz auf ihrem Weg zu einer vollständigenVeröffentlichung aller Gerichtsentscheidungen maßgeblich unterstützen. Damit schaffen wir die Grundlage für Legal Analytics. Umdie Anwaltschaft beim Teilen der Gerichtsentscheidungen zu unterstützen, haben wir vier Anreize geschaffen.  Erstens entwickeln wir mit Kooperationspartner:innen erste Analysemodelle, die wir sodann Anwält*innen anbieten. Dabei erhaltendie Anwält*innen einen vergünstigen Zugang um bis zu 50 %, wenn sie eine hinreichende Anzahl von Gerichtsentscheidungen mituns teilen.  Zweitens können Anwält:innen, die ihre Gerichtsentscheidungen mit der iur.crowd teilen, ihre eigenen Daten mit einem Rabatt von100 % auswerten lassen und auf diese Weise interne Reportings erhalten.  Drittens bieten wir Unterstützung bei der Digitalisierung und der Pseudonymisierung der Gerichtsentscheidungen.  

Und viertens erlangen Anwält:innen als Organe der Rechtspflege externes Renomeé, in dem sie als Unterstützer:innen einergesteigerten Gerichtsöffentlichkeit Teil der iur.crowd werden.  Von diesem Konzept konnten wir bereits 450 Kanzleien überzeugen. Diese Kanzleien teilen regelmäßig ihre Gerichtsentscheidungen,die neben öffentlich verfügbaren Datensätzen und aus der Justiz gewonnenen Entscheidungen in die iur.crowd eingespeist werden.Mit Hilfe von unseren Partnerinnen der NAIX GmbH und der Sinc GmbH pseudonymisieren wir diese Gerichtsentscheidungen,bereiten sie auf und erschaffen am Ende als neue Dienstleistung Legal Analytics.450 Kanzleien im ganzen Bundesgebiet haben gegenwärtig die Möglichkeit, ihre Gerichtsentscheidungen in die iur.crowd zu ladensowie (teil-)automatisiert zu pseudonymisieren. Anschließend können sie die Entscheidungen von uns auswerten lassen, um so inden Genuss von Legal Analytics zu kommen. Eine konkrete Ausprägung dieser Legal Analytics ist unsere Erfolgsanalyse. Dabeiuntersuchen wir den Tenor der Entscheidung daraufhin, ob Kläger:in oder Beklagte:r (teil-)obsiegt haben oder (teil-)unterlegen sindund mappen das Ergebnis differenziert anhand der jeweiligen Quote auf einer Deutschlandkarte.

6. Woran wir gegenwärtig arbeiten

Derzeit arbeiten wir an der Finalisierung unseres Legal Analytics-Produktes im Bereich des sog. argument minings. Im Kern geht esdabei um die Extraktion von Argumenten aus Texten. Wir ermöglichen es Anwält:innen damit auf einen Blick die relevantenArgumente zu einem bestimmten Thema, das mit Stichworten oder Sätzen umschrieben wird, zu finden. Gleichzeitig gibt es auch dieMöglichkeit die relevanten Argumente aus der jeweiligen Gerichtsentscheidung, als eine Art executive summary, zu erhalten.

7. Was wir künftig umsetzen werden

Der nächte Schritt ist die Einbindung der Argumentsuche in den jeweiligen Schriftsatz oder das Anschreiben der Anwält:innen. Dieskann etwa über ein Word-Plugin erfolgen. Damit werden die Anwält:innen entweder bereits beim Schreiben auf relevante Argumentehingewiesen. Oder schon im Schreiben integrierte Argumente werden vor dem Hintergrund der Rechtsprechung automatisiert aufihren Gehalt hin überprüft. Langfristig werden wir unsere Analysen aber nicht nur auf Gerichtsentscheidungen durchführen. Als Verfechter der Open-AccessBewegung ist es unser Ziel, langfristig ohnehin alle Gerichtsentscheidungen kostenlos, pseudonymisiert und maschinenlesbar allenzur Verfügung zu stellen.

Mit der iur.crowd und der Kraft der Organe der Rechtspflege werden wir die Justiz auf diesem Wegunterstützen. Deshalb streben wir den Aufbau weiterer Datenbanken etwa im Bereich der Verwaltungsakte oder der Vertragsklauselnan.  Auch werden wir Legal Analytics in die juristische Ausbildung tragen. Als Grundlage nutzen wir dafür unsere Lernplattformwww.juriverse.com, auf der Studierende Fälle lösen können, um sich auf die juristische Klausurbearbeitung vorzubereiten. In Kürzewerden wir dieses Angebot um umfassende Karteikarten zur Vorbereitung auf die erste und zweite juristische Prüfung ergänzen. Indiesem Zuge werden wir die Plattform also um die Vorbereitung auf die zweite juristische Prüfung erweitern. Kombiniert mit derKraft der Legal Analytics heben wir die juristische Ausbildung damit auf die nächste Stufe.

8. Was bleibt?

In diesem Text haben wir auf die gegenwärtigen Probleme in der juristischen Recherche hingewiesen. Dies meint vor allem denZeitaufwand und die oft frustrierenden Ergebnisse, die gegenwärtige juristische Datenbanken zu Tage fördern. Demgegenüber habenwir unseren Ansatz der Legal Analytics, also der statistischen Auswertung juristischer Daten, präsentiert. Damit beantworten wirFragen danach, welche Argumente in welchem Kontext relevant sind oder wie oft welche Gerichte in welchen Fällen mit welchemAusgang geurteilt haben. Die notwendige Datengrundlage schaffen wir durch die Macht der Organe der Rechtspflege in einemNetzwerk der Anwaltschaft. 450 Kanzleien sind bereits aktiv in diesem Netzwerk. Auch Sie können sich über www.iurcrowd.de zumTest der iur.crowd-Legal-Analytics-Plattform anmelden.

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